der Ceija Stojka Platz (1070)

Einleitung

Während seiner Geschichte der letzten 400 Jahre war Österreich ein Einwanderungsland, und in der Hauptstadt dieses Landes Wien entstand überall Spuren von den vielen immigrierten Menschen. Nach dem Zweiten Weltkrieg war Österreich ein Zielland für politisch unterdrückte Menschen, als sich Kommunismus und Sozialismus überall Osteuropa verbreiteten. Danach kamen viele Menschen aus Osteuropa, die politische Freiheit wollten wie in Ungarn 1956-7 oder in Prag 1968. Außerdem unterzeichneten Österreich und ein paar südeuropäische Länder (Griechenland, Spanien, Italien und die Türkei) in den 60er Jahren einen Vertrag wegen eines in Österreich existierenden Arbeitskräftemangels, um Arbeitskräfte nach Österreich als sogenannte Gastarbeiter anzuwerben. Ein Ergebnis dieses Vertrags war, dass viele dieser ausländischen ArbeiterInnen in Österreich blieben. Heute akzeptiert Österreich viel mehr syrische und afghanistanische Asylsuchende als andere Länder der Europäische Union. Obwohl von 2015 auf 2016 sich die Zahl der Asylanträge halbierte, hat Österreich nach Deutschland die meisten Asylanträge. Weil Österreich aus so vielen unterschiedlichen Migrationshintergründen besteht, hat diese Einwanderungswelle Österreichs kulturelle Identität in Frage gestellt.

Also wegen dieser komplizierten Beziehung mit Immigration und Integration könnte man sich vorstellen, dass Wien als Hauptstadt diese Einwanderungsgeschichte repräsentiert. Ein gutes Beispiel fur diese Untersuchung des Multikulturalismus ist der Ceija Stojka Platz an der Ecke der Schottenfeldgasse und Lerchenfelderstrasse. Ceija Stojka war eine österreichische Autorin und Künstlerin, die den Holocaust überlebt hatte. Sie ist 2013 gestorben, und nachdem die Kirche in 2013 gebaut wurde, entschied die Stadt Wien, der Platz vor der Kirche nach ihr zu benennen. Auch am Platz befindet sich eine Straßenbahnhaltestelle vor der Kirche. Obwohl es in dem siebten Bezirk liegt, ist Ceija Stojka Platz an der Grenze zwischen den siebten und achten Bezirken, und man muss nur ein kurzes Stück gehen, um in einen der multikulturellsten Bezirke Ottakring zu kommen. Die Haltestelle liegt an der Linie 46A, die durch den sechzehnten, siebten, und ersten Bezirke geht. Also wahrend einer Straßenbahnfahrt verändert sich die gehörte Vielfältigkeit auf der Straßenbahn und auch die sichtbare Landschaft in der Straße. Seit der Öffnung des Platzes gibt es samstags auch einen großen Flohmarkt mit vielen unterschiedlichen Essen, Kleidungen, und anderen einzigartigen Produkten.

Deshalb ist dieser Platz ein Zentrum, wo sich Menschen mit österreichischen- oder Migrationshintergrund treffen oder sich unterhalten können. Genauso wie viele andere Bezirke nahm die Bevölkerung des siebten Bezirks jedes Jahr seit 2009 zu; zum Beispiel in Neubau (7. Bezirk) und Josefstadt (8. Bezirk) gab es 2017 ungefähr 38% der Bevölkerung mit einer Migrationshintergrund. In Ottakring (16. Bezirk) gab es 2017 46% der Bevölkerung mit Migrationshintergrund. Als Vergleich in ganz Wien war das Prozent der Menschen mit Migrationshintergrund 39%. Mit diesem Projekt möchte ich sehen, ob diese Haltestelle an der Grenze zwischen Bezirken mehr oder weniger Diversität als die anerkannte Statistiken anzeigt. Also um diesen Ort zu untersuchen, kann man den Sprachgebrauch im öffentlichen Raum (d.h., die Sprachlandschaft) analysieren und dadurch feststellen, wie Multikulturalismus sich durch Mehrsprachigkeit manifestiert. Die Sprache hat immer eine wichtige Rolle bei den Definitionen der bestimmten Nationen, sozialen Gruppen, und Nachbarschaften gespielt. Heute wird die Untersuchung der Mehrsprachigkeit im öffentlichen Raum auch ein wachsendes akademisches Forschungsfeld, damit man die vielen sozialen und multikulturellen Gemeinschaften überall in der Welt verstehen kann.

Methodologie

Die  Sprachlandschaft für diese multikulturelle Studie wurde durch eine Analyse von sichtbaren und unsichtbaren (d.h. gehörte) Texten um Ceija Stojka Platz herum untersucht. Die sichtbaren Texte werden innerhalb zwei Tage fotografiert, und Interviews wurden mit Menschen am Platz und in der Nähe der Straßenbahnhaltestelle gemacht. Die Fotos wurden von Straßenschildern und Menschen gemacht, weil diese Daten zusammen arbeiten. Sie spielten Rollen bei der Kreation der drei zusammenhängenden Räume von Malinowski (2015): der Konzipierte, der Wahrgenommene, und der Erlebte. Die Fotos von dem Platz spielten meistens im wahrgenommene Raum, denn sie repräsentierten eine einzigartige Perspektive, die meinen Eindruck widerspiegelt. Auch zu dem wahrgenommenen Raum gehörten die von mir notierten Sprachen, Klänge oder Stimmen. Weil der konzipierte Raum wahrscheinlich die originale Absicht der Stadtplaner behandelt, ist es wichtig, die Rolle des Platzes zu verstehen. Die Planung dieses Raumes scheint relativ klar wegen der Kirche und der Straßenbahnhaltestelle, und Fotos von diesen Schildern und Gebäuden werden kurz gezeigt. Der Erlebte wurde durch Interviews besser verstanden, weil wienerische Menschen ihre Erfahrungen an diesem Platz beschreiben konnten. Diese drei Räumen kombinierien, um eine Sprachlandschaft zu bilden, die die Mehrsprachigkeit in einem Teil von Wien auch demonstriert.

Resultate

Der Ceija Stojka Platz war in dieser Querschnittstudie der Kern des Projekts. Gebaut 2014 kurz am Ende von Ceija Stojkas Leben liegt dieser Platz an der Grenze zwischen zwei Bezirken (und in der Nähe von einem der multikulturellsten Bezirke, Ottakring). Vor diesem Platz gibt es eine Mischung zwischen Einkaufsstrasse und Wohnungstrasse, aber es ist meistens eine Einkaufsstrasse, denn Lerchenfelderstraße ist eine der größten Strassen in der Nachbarschaft und mit einer anderen langen Straße (Thaliastraße) verbunden. Aber natürlich sieht man Wohnungen über diesen Geschäften, und diese Wohnungen haben schöne dekorierte Fassaden. Die senkrechte Straße Schottenfeldgasse ist kleiner und ruhiger mit weniger Geschäften und mehr Wohnungslage. Also diese zwei Straßen befinden sich als eine Gegenüberstellung zwischen unterschiedlichen “Identitäten,” ruhige Nachbarschaft und beschäftigte Einkaufsstrasse. Außer diesem Unterschied fand ich, dass dieser Platz auch eine multikulturelle und multilinguale Zusammenprall ist.

      (Fotos vom Platz und von der Kirche)

Um diese Resultate zu präsentieren, beginnt diese Diskussion mit Beschreibungen von dem konzipierten Raum. Für zwei unterschiedliche Tage blieb ich auf dem Platz für eine Stunde, und Fotos wurden von Schildern und dem Platz selbst gemacht. Fast der ganze Platz wird von der Kirche gefüllt, also gibt es auf dem Platz nicht so viel Raum, um physische, permanente Schilder aufzustellen. In Bezug auf die stärksten beständigen Schilder gibt es zwei Beispiele. Eines dieser Beispiele im Zentrum des Platzes sind die Schilder, die Ceija Stojkas Leben und sozialen Einfluss erklärt. Es gibt zwei Schilder im Platz in diesem Stil, aber das Foto links ist das größte und informiert die Öffentlichkeit. Besonders weil der Platz klein und relativ neu ist, ist die Präsenz dieser Schilder wichtig zu bestätigen, denn sie sind fast die einzigen auf dem Platz stehenden Schilder. Aber es gibt auch im Platz die von vielen Menschen benutzte Straßenbahnhaltestelle, um auf diesen Platz zu kommen oder zu gehen. Als man im zweiten Foto rechts sehen kann, ist die Haltestelle im Zentrum des Bürgersteigs vor dem Platz, so betont es die Bedeutung der Haltestelle am Platz. Durch diese zwei Schilder kann man verstehen die Wichtigkeit und Einfluss dieses Platzes in diesem Übergangsraum zwischen Bezirke.

        

(Fotos von der Schild und der Strassenbahnhaltestelle)

Im Folgenden geht diese Diskussion mit dem wahrgenommenen Raum weiter. Wie früher gesagt wurde, ist Lerchenfeldstrasse eine Einkaufsstraße und viele Geschäfte befinden sich hier. Zum Beispiel gibt es zwei Bäckereien (Geier und Fetzl) in der Nähe von der Kirche, und diese zwei sind auch gegenüberstehende Gebäude mit nur der Lerchenfeldstrasse dazwischen. Diese zwei Bäckereien/Cafe Geschäfte befinden sich in einem Foto unten. Gegenüber von der Kirche auf Lerchenfeldstrasse liegen neun Gebäude mit Schildern. Tabelle I und die Fotos unten zeigen, dass Deutsch die dominante Sprache auf den sichtbaren Schildern auf der Lerchenfeldstrasse ist. Jedes Schild war auf der genauen Höhe und mit klarer und grosser getippter Schrift. Also sind die Wichtigkeit der Schilder mir gleichsam, besonders wenn man an die Tatsache denkt, dass die Schilder auch meistens in Deutsch geschrieben wurden.

Tabelle I: Zahl der sichtbare, repräsentierten Sprachen vor der Kirche

Sprache Zahl der Schilder
nur Deutsch 7
nur eine andere Fremdsprache 1
multilingual (z.B. Do Eat Asia Restaurant) 2

     

links: die Ecke zwischen Lerchenfeldgasse, Schottenfeldgasse im 7. Bezirk (am Rechts), und Aberlgasse im 8. Bezirk (am Links)

rechts: Erste Bank und do eat Asia Restaurant

Als ich am Platz am zweiten Tage war, notierte ich, welche Sprachen gehört wurden, denn es gab mehr Leute an diesem Tag. Die Verwendung des Deutschen war selbstverständlich hoch, weil die meisten Menschen Deutsch sprachen. Von zwanzig Konversationen in einer Stunde hörte ich zwölf deutschsprachige Personen. Tabelle II zeigt  die Zahl der anderen gehörten Sprache am Platz während der Stunde der Datensammlung. Wichtig zu sagen ist, dass meistens diese Menschen nicht eine lange Zeit auf diesem Platz blieben, weil sie Ceija Stojka Platz als nur eine Haltestelle benutzten. Aber es gab zwei Hundeführer und ein Läufer, und diese Personen sprachen auf Deutsch entweder an die Hunde oder auf einem Handy. Diese unsichtbaren Beobachtungen spiegeln die sichtbare Sprachlandschaft wider.

Tabelle II:  Zahl der gehörten Sprachen

Sprache Zahl der Menschen
Deutsch 12
English 5
Turkisch 2*
Französisch 1

*Ich musste eine Frage an diesen Menschen stellen, weil ich ihre Sprache nicht verstand.

Um den erlebten Raum zu erklären, werden ein paar Interviews zusammengefasst .  Als ich am ersten Tag zu dem Platz ging, kam meine Gastmutter mit. Sie wollte ihre Tochter und ihren Freund treffen, und sie benutzten diese Kirche und diesen Platz als einem Treffpunkt, weil es groß und einfach sichtbar ist. Um diese Meinung zu betonen, war dieser Platz für die zwei türkischsprachigen Menschen ein Treffpunkt auch. Meine Gastmutter sagte auch, dass dieser Platz besonders ihr gefällt, denn es ist eine Haltestelle auf unserem Strassenbahnweg, der 46, und es ist näher zum Zentrum der Stadt als unsere Wohnung im 16. Bezirk. Bei meiner fünfzehnjährigen Gastschwester (Sarah), als ich das Haus für meinen zweiten Besuch verlassen habe, sah es aus, dass sie fast den Platz vergass. Ich gab ihr eine kurze Beschreibung, und nur nachdem ich ein paar Fotos ihr gezeigt hatte, erinnert sie sich an diesen Platz. Angenommen ist es kleiner als die sehr bekannten wienerischen Plätze, aber sie und ihre Mutter benutzten diese Straßenbahnhaltestelle fast jeden Tag. Diese Konversationen mit Sarah sagte mir, dass ihr der Platz nicht besonders auffiel, im Gegensatz zu ihrer Mutter.

Diskussion der Resultate

Die Untersuchung sichtbarer Mehrsprachigkeit auf dem Platz hat gezeigt, dass obwohl es eine Mischung der Sprachen in diesem kleinen Platz gibt, ist es nicht ganz von Wiens Mehrsprachigkeit und Multikulturalismus repräsentativ. Aber wenn man nur diesen Bezirk isoliert, bekommt man durch Ceija Stojka Platz ein gutes Bild von dem Multikulturalismus des siebten Bezirks. Wie früher gesagt ist der 7. Bezirk nicht der vielfältigste Bezirk in Wien. Also würde man erwarten, dass Deutsch als Hauptsprache dominieren würde, und dass andere Sprachen und Kulturen in dem Hintergrund wären. Und das kann man durch die Mehrheit der deutschen Schilder und Deutschsprechenden an Ceija Stojka Platz klar sehen. Es hat mich trotzdem überrascht, dass es nicht mehr sprachliche Diversität gab, sogar an diesem Treffpunkt der Bezirke und kultureller Ideologien. Aber weil der Platz im Gedenken einer österreichischen Figur gebaut wurde, ist die Verwendung des Deutschen vielleicht keine Überraschung. Etwas für zukünftige Untersuchungen wäre, einen samstags Flohmarkt während des Jahres zu besuchen. Meine Gastmutter sagte, dass es super schön ist, und dass es viele vielfältige Produkte und Menschen beim Markt gibt. Also beim Markt wäre es möglich, mehr über den erlebten Raum und den konzipierten Raum zu lernen, und wie die zwei zusammen arbeiten oder nicht.

Also zum Schluss zeigt diese kurze Untersuchung, dass Wiens Multikulturalismus nicht immer im öffentlichen Raum zu erkennen ist. Dieser Platz wurde ausgewählt, weil ich glaubte, dass mehr Diversität sich wegen der Menschen in oder von der Straßenbahn präsentieren würde, weil es in einem sehr vielfältigen Bezirk beginnt und durchfährt. Aber die Resultate zeigen, dass dieser Ort tatsächlich die Demographie des Bezirks widerspiegelt. Obwohl dieses Projekt die genauen Anteile der ÖsterreicherInnen und Menschen mit Migrationshintergrund nicht zeigt, weiß man von den demographischen Statistiken des Bezirks, dass die meisten Menschen im siebten Bezirk aus Österreich kommen und Deutsch sprechen. Für die 39% der Einwohner des Bezirks mit Migrationshintergrund zeigt der Mangel an sichtbaren oder gehörten Texten in anderen Sprachen, dass österreichische Integrationspolitik vielleicht funktioniert, indem die EinwanderInnen oder ehemalige Flüchtlinge Deutsch lernen und es benutzen können. Durch diese Untersuchung der Sprachlandschaft bekommt man einen Einblick in die heutige Verwirklichung des Multikulturalismus in einem Bezirk.